Besuch des Kunstvereins Singen in der Theresienkapelle in Singen
Die Vorsitzende des Kunstvereins Singen Ulrike Veser konnte beim Besuch der Theresienkapelle in Singen im Beisein von Oberbürgermeister Bernd Häusler, Christoph Bauer, dem Leiter des Kunstmuseums Singen und dem Ehrenbürger der Stadt Singen Wilhelm Waibel, zahlreiche Mitglieder des Kunstvereins und Gäste begrüßen.
Zunächst ging Dr. Carmen Scheide, Vorsitzende des Fördervereins Theresienkapelle in ihrem interessanten Vortrag auf die Geschichte der Kapelle ein. Seit 1943 befand sich auf dem Gelände der Georg Fischer AG Singen, auf dem die Theresienkapelle steht, ein Lager für Zwangsarbeiter*innen aus Osteuropa. Nach dem Ende des Krieges wurde das Lager von 1945 bis 1948 für die Internierung deutscher Kriegsgefangener in der französischen Besatzungszone genutzt. 1946/47 regte der damalige französische Lagerkommandant Capitaine de Ligny den Bau einer Kapelle an. Bei dem Bau der Kirche waren die Lagerinsassen beim Entwurf, Bau und Ausstattung beteiligt. Tafeln im Inneren der Kapelle nennen die Gefangenen, die für bestimmte Gewerke am Bau verantwortlich waren. Die Kapelle wurde 1947 eingeweiht und ist bis heute die einzige erhaltene Lagerkapelle Deutschlands. 1948 wurde das Lager für Kriegsgefangene geschlossen. Die Verbindung zu der Familie des damaligen französischen Lagerkommandanten besteht jedoch bis heute. Die Nachfahren besuchen zu besonderen Anlässen die Kapelle in Singen.
In der Folgezeit war die Theresienkapelle zeitweise wegen Baumängel geschlossen. Wilhelm Waibel mahnte in den Folgejahren immer wieder die Bedeutung der Kapelle an und setzte sich für deren Erhalt ein. Ab 1960 nutzte die Italienische Katholische Mission die Kapelle für Gottesdienste in italienischer Sprache. Im Herbst 2020 endete diese Nutzung der Kapelle.
Die Georg Fischer AG schenkte die Theresienkapelle der Stadt Singen, 2006 folgte die Gründung des Fördervereins. Heute steht die Theresienkapelle unter Denkmalschutz und ist eine Gedenkstätte.
Im zweiten Teil der Veranstaltung stellte Christoph Bauer, der Leiter des Kunstmuseums Singen, die Wandgemälde, die Kirchenfenster und den Kreuzweg der Kapelle vor.
Gestalter war Heinz Ort, selbst Gefangener im Lager und von Beruf Graphiker. Die Anwesenden erfuhren, dass die Ausstattung der Kapelle unter anderem aus dem Kreuzweg mit 14 Stationen, dem Apsisbild, den rekonstruierten Glasfenstern, den Wandleuchtern und 2 Heiligendarstellungen an den Chorflankenwänden und dem Altar besteht. Dieses Ensemble soll als Ganzes erhalten bleiben und zeugt bis heute von der Geschichte der Kapelle. Die ursprünglichen Glasfenster gingen in den Nachkriegsjahren verloren, konnten aber rekonstruiert werden. Die bildlichen Darstellungen der Fenster sind eng mit den Kriegsgefangenen verbunden. In einzelnen Szenen gebrauchte der Künstler Heinz Ort immer wieder Portraits von Mitgefangenen oder französischem Besatzungspersonal: positive oder kritische Darstellungen. In den seitlichen Apsisfenstern zeigen die Heiligen Martin und Georg den Bezug zum Militär und erinnern an die Geschichte als Lagerkapelle. Am Altar finden sich Analogien zur Schreinerei der Zeit um 1930/40, die Decken- und Wandlampen der Kapelle sind aus Rohstoffen, die die Singener Metallindustrie bot: Eisen und Aluminium.
Am Ende des Vortrags konnte der Bunker besichtigt werden, der das Fundament der Kapelle darstellt und auf die Geschichte des Lagers verweist. Bei dem abschließenden Imbiß kamen alle Teilnehmenden schnell miteinander ins Gespräch und tauschten sich in lebhaften Gesprächen aus.
Text: Gabriele Trah
Bilder: Rolf Veser, Carmen Scheide
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